Was bedeutet Ernährung für unseren CO2 Footprint und wie lebe ich gesund und klimaschonend?
Wir leben in einer Zeit in der Umweltverträglichkeit eine zentrale Frage ist. Gleichzeitig achten die meisten von uns viel stärker auf unsere Ernährung und der Markt mit Bioprodukten boomt. Wir wollen gesund leben, eine nachhaltige Landwirtschaft und keine Massentierhaltung.
Leider scheinen diese Punkte auf den ersten Blick unvereinbar. Denn - die Biolandwirtschaft hat deutlich geringere Erträge, aber höhere spezifische Emissionen (d.h. mehr CO2 pro kg oder Kalorie). Aus diesem Dilemma gibt es aber eine recht einfache Lösung - den Konsum von Tierprodukten im allgemeinen zu reduzieren.
Zu erst einmal ein Kommentar zu der Bio-Gurke in Plastikfolie:
Verpackung macht typischerweise nur 10% des CO2-Footprints von frischen Lebensmitteln wie Gemüse aus. Verpackung reduziert aber (im Schnitt) deutlichden Anteil von weggeworfenen Lebensmitteln - und das schon bevor der Kunde diese mit nach Hause nimmt. Wenn z.B. nur 1 von 10 eingeschweißten Gurken weniger weggeworfen wird, hat das schon einen positiven Einfluss auf die Gesamtklimabilanz (das Problem von Plastikmüll an sich in Meeren & Co ist natürlich ein anderes Thema). Das deutsche Verpackungsinstitut was in der Quelle zitiert wird meint sogar, dass 1% mehr verpackte Lebensmittel, 10% weniger weggeworfene Lebensmittel bedeuten. Vermutlich argumentiert der Lobby-verband übertrieben, insgesamt ist aber festzuhalten - Verpackung von frischen Lebensmitteln ist generell kein Problem für die Klimabilanz!
Und nun zu dem Thema von Bio-Anbau und Tierprodukten:
Bio-Tierhaltung: Da typische Bio-Tierrassen langsamer wachsen haben sie auch einen größeren CO2-Footprint (hauptsächlich durch mehr Futterbedarf, aber auch mehr Bedarf für Agrarland ist ein wichtiger Faktor). Das bedeutet im Endeffekt häufig ein 50-100% höherer CO2-Fußabdruck für Bio- im Vergleich zu konventionellem Fleisch.
Bio-Anbau: Hier sehe ich die Lage noch etwas widersprüchlich. Es gibt Quellen für beide Argumente - dass konventioneller Anbau klimafreundlicher ist, oder dass Bio-Anbau es ist. Argumente pro Bio sind v.a. der niedrigere Dünger-Einsatz, der ingesamt Treibhausgase um 50% reduzieren kann. Argumente für konventionellen Anbau sind der höhere Ertrag (bis zu 1/3 mehr) und der damit auch verbundene geringere Flächenbedarf (ein Riesenaspekt generell, siehe den Punkt zu CO2 und Tierhaltung!). Wenn wir auch Gesundheits- und soziale Aspekte, sowie Schutz der Artenvielfalt und Co einrechnen, sollten wir glaube ich trotz dieser Unklarheiten, Bio den Vorzug geben.
Regional: Klar. Regionales Essen ist gut. Aber bitte aufpassen: Regional sollte auch saisonal sein! Ein deutscher Apfel, im Juni gekauft, ist wahrscheinlich aus der Vorsaison und lange Monate energieintensiv gekühlt. Damit ist die Klimabilanz vergleichbar mit einem saisonalen Apfel, der per Schiff aus Neuseeland (!) kommt.
Fleisch, Vegetarisch oder Vegan: Jetzt kommen wir zum zentralen Thema. Die entscheidene Frage hinsichtlich Ernährung und Klimaschutz ist nämlich nicht ob wir Bio oder konventionell, unverpackt oder in Folie-verschweißt essen, es ist die Frage WAS wir essen. (Hier sei auch noch einmal der Film "The Game-Changers" auf Netflix zu empfehlen.) Die weltweite Tierhaltung verbraucht 80% des Agrarlandes, liefert aber weniger als 20% der weltweit erzeugten Kalorien! Schon interessant, wie viel über die Notwendigkeit von Pestiziden, Düngern, Rodungen etc, diskutiert wird, wenn wir eigentlich nur eines machen müssten, um die Weltbevölkerung zu versorgen - uns vegan(er) zu ernähren?! Im Hinblick auf den CO2-Fußabdruck anbei ein paar Daten für verschiedene Nahrungsmittel aus einer Lebenszyklus-Analyse (sog. Lifecycle Carbon Footprint oder LCA Bewertung. Zwar schwanken die absolute Höhe deutlich von Studie zu Studie, aber der relative Fußabdruck und damit die Aussage bleiben doch relevant!).
1 kg Tofu (oder Getreide) - ca. 3kg CO2
1 kg Käse - ca. 17 kg CO2
1 kg Huhn aus Massentierhaltung - ca. 6 kg CO2 (Bio ca. 10kg)
1 kg Rindfleisch - ca. 70 kg CO2
1 kg Rindfleisch aus Südamerika - mit Berücksichtigung von massiven Regenwald-Rodungen zum Tierfutter-Anbau - ca. 330kg! (siehe z.B. hier). Damit kann man statt Sonntagsbraten mit der Familie auch für das Wochenende von Frankfurt nach Rom und zurück fahren! (Bsp: Realverbrauch eines neuen VW Passat Diesel mit 150g CO2 pro km und 2470 km Strecke)
Daran erkennt man, dass Rindfleisch erschreckend schlecht für das Klima und die Natur an sich. Ein einfache "greener choice" wäre: Wenn Fleisch, dann Hühnchen. Am besten, sowohl ökologisch als auch gesundheitlich (schaut mal hier in den genialen "Ernähungskompass" rein), ist nun eindeutig eine Tierprodukt-arme Ernährungsweise, vorzugsweise vegan! Dieser Wandel wäre für viele von uns (mich eingeschlossen) sicherlich zu groß, vor allem, wenn man es in einem Schritt versucht. Aber als großer Anhänger der 80/20 Regel ;-), glaube ich, dass wir ohne großen Verzicht, schon sehr viel bewegen können. Z.B. könnte man Fleisch nur noch am Wochenende essen, und Rindfleisch (dann gönnen wir uns ein gutes Bio-Stück) vielleicht nur zu besonderen Anlässen? Wir können ja auch weiter Wurst kaufen, aber warum nicht mal vermehrt Käse oder noch besser vegane Brotaufstriche probieren (hier gibt es wirklich leckere und gesunde Sachen, die man in jedem Supermarkt und Drogerie bekommt)? Ich glaube mit dem Wissen im Hinterkopf, was Fleisch für das Klima bedeutet, können wir im Alltag einfach mal bewusstere Entscheidungen treffen. Diese müssen nicht immer vegetarisch oder vegan sein. Aber vielleicht schaffen wir mit gerade mal 20% Aufwand, schon eine 80%-ige Reduktion?
Wenn sich diese Erkenntnis vermehr durchsetzt und gerade die Menschen in den Industrieländern ihren Konsum von Fleisch und Tierprodukten deutlich senken, würden wir so massiv die CO2-Bilanz der Landwirtschaft senken, gleichzeitig gesünder leben und die Artenvielfalt schützen. Es muss nicht gleich 100% vegan sein, aber vielleicht überlegt man wenigstens beim Rindfleisch zweimal. Und ob die Bio-Paprika mal verpackt ist und aus Spanien kommt ist dann fast irrelevant!
P.S. Pssst - nicht weiterverraten: Vegan kann auch noch unglaublich lecker sein!
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